Übersicht
Schwierigkeitsgrad: 6
Die klare Alpenluft der Villgratner Berge biss uns in die Wangen, als die Morgendämmerung die Gipfel in Rosa- und Goldtönen malte. Heute war der Tag für die 'Adlerklaue', eine legendäre Route im Schwierigkeitsgrad 6, die uns schon lange von ihrem Granitsitz aus angelockt hatte. Wir hatten die Topo studiert, die Schlüsselstelle besprochen und unsere Ausrüstung mit einer Mischung aus Vorfreude und Anspannung gepackt.
Der Zustieg war ein angenehmer Aufwärmer, der sich durch Kiefernwälder schlängelte, bevor er sich zur majestätischen Wand öffnete. Die ersten Seillängen fühlten sich gut an, ein Tanz der Hände und Füße auf festem Fels, der einen Rhythmus aufbaute. Doch dann kam die Schlüsselstelle: die berüchtigte Platte. Schwierigkeitsgrad 6. Sie sah trügerisch glatt aus und bot nur die subtilsten Wellen zum Greifen. Jeder Zug erforderte Präzision, Gleichgewicht und unerschütterliches Vertrauen in die Reibung unter unseren Füßen und die winzigen Klemmgeräte, die wir gesetzt hatten. Die Ausgesetztheit war berauschend, der Talboden fiel unter uns ab.
Durch konzentrierte Atmung und gezielte Bewegungen meisterten wir die heikle Sequenz. Das Erreichen des Standplatzes nach der Schlüssel-Seillänge fühlte sich wie ein kleiner Sieg an, ein gemeinsames Ausatmen der Erleichterung und des Triumphs. Die folgenden Seillängen, obwohl weniger anspruchsvoll, boten immer noch spannende Kletterei bis zum Gipfel.
Vom Gipfel aus war das Panorama atemberaubend – ein Meer von zerklüfteten Gipfeln, die sich bis zum Horizont erstreckten. Das Gefühl der Leistung war tiefgreifend, verstärkt durch die gemeinsame Erfahrung mit meinem Kletterpartner. Nachdem wir alles in uns aufgenommen hatten, begannen wir die methodischen Abseilvorgänge, unsere Seile schlängelten sich die Felswand hinunter. Zurück auf festem Boden sorgten ein kaltes Getränk und die untergehende Sonne für den perfekten Abschluss eines unvergesslichen Tages. Die 'Adlerklaue' hatte uns wirklich auf die Probe gestellt, aber die Belohnung war unermesslich.